Schöpfungswidrige Lebensweisen?
Dazu eingeladen hat die Regenbogenpastoral Österreich, in der seelsorgliche Initiativen der römisch-katholischen Kirche vernetzt sind. Dr. Stephan Goertz, Universitäts-Professor für Moraltheologie in Mainz, sprach davon, dass die Geschlechterverhältnisse im Wandel sind und dass derzeit viele Ungleichzeitigkeiten bestehen. Diese reichen von den "traditionellen" Werten einer Geschlechterordnung mit vorgegebenen natürlichen gegensätzlichen Geschlechtsidentitäten bis hin zu der "modernen" Überzeugung von individuellen Freiheitsrechten, denen zu Folge die Menschen das Recht haben, selbst zu entscheiden, wie sie sich darstellen und wie sie lieben wollen.
Der Vortragende verwies im Hinblick auf die Spannung, die zum Beispiel in der Sexualität zum Zweck der Reproduktion im Rahmen der Ehe geordnet ist und der Sexualität, die im Konsens und in der Verantwortung einer Beziehung gestaltet wird. Biblisch findet sich das eine in der Schöpfungsordnung und das andere in der Freiheitbotschaft. Die Erfahrung von queeren Menschen ist, dass ihre Individualität das Schöpfungsgemäße ist.
Die ethische Forderung auf der Basis eines modernen Verständnisses von der Würde und den Rechten des Menschen lautet, dass jeder Mensch in seiner individuellen Besonderheit und in seinem jeweiligen So-Sein einen unbedingten Anspruch auf Anerkennung, Wertschätzung und Respekt hat. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und zur Darstellung der eigenen Geschlechtsidentität gilt für alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität.
Das Christentum hat eine queer-freundliche Tradition, denn für den biblischen Gott zählen personale Eigenschaften mehr als körperliche, geschlechtliche, ethnische, soziale und religiöse Merkmale, war eine der Grundaussagen.
Eine Teilnehmerin sagte in der Diskussion: "Ich bin überrascht, dass in der Kirche so gedacht wird." Die Forderung einer anderen Person war, "dass die Kirche endlich im Heute ankommen muss, um Zeichen und Werkzeug des Heils zu sein. Dazu muss sie die Erkenntnisse der Wissenschaften ernst nehmen und sich endlich von den überholten Geschlechterrollen und einem Verständnis von Sexualität trennen, das nicht mehr haltbar ist."
Der Autor, Mag. Franz Harant, ist Leiter der REGENBOGENPASTORAL ÖSTERREICH.